Am 26. Februar 2025 verabschiedete der Kelmiser Gemeinderat das Richtlinienprogramm 2024-2030
der Göhlgemeinde.
Auf die Schwerpunkte ging Daniel Hilligsmann in seiner Rede ein.
Zum Richtlinienprogramm 2024-2030 der Gemeinde Kelmis
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Liebe Kolleginnen und Kollegen aus Rat und Kollegium,
was ist wesentlich?
Die Frage, welche öffentlichen Dienstleistungen wichtig und prioritär sein sollten, sprich, was als wesentlich zu erachten ist, beschäftigt wohl per se jeden Politiker in Verantwortung.
So auch das neue Kollegium in Kelmis.
Was ist wesentlich.
Welche Leistungen unserer Gemeinde sind grundlegend und unabdingbar,
welche zukunftsweisend und opportun, welche nicht.
Fragen, über die ich in den vergangenen Wochen viel nachgedacht habe und von der ich glaube, dass es hierauf keine einfache Antwort gibt.
Gewisse Aufgaben sind der Gemeinde zwar auferlegt.
Diese können wir nicht abschaffen oder angesichts übergeordneter Leitlinien und Regelwerke maßgeblich verändern.
Das gilt z. B. für die Aufgaben des Melde- und Personenstandswesens, das Staatsangehörigkeitswesen und anderes mehr.
Auch auf die Schwerpunktsetzungen der Polizei- und Hilfeleistungszone haben wir nur bedingt Einfluss, obschon diese unseren Haushalt konkret und nicht unwesentlich belasten.
Beide wollen wir im Rahmen unserer Möglichkeiten in ihrer tagtäglichen Arbeit unterstützen, wobei entsprechende Rahmenbedingungen stimmen müssen.
Die meisten anderen Bereiche der Gemeindearbeit wie die Kinder-, Jugend- und Seniorenpolitik, Kultur und Sport, Infrastruktur- und Straßenbau, Inklusion und Integration, Umwelt, usw., sind hingegen wesentlich aktiver gestaltbar.
Anders ausgedrückt: Sie sind politisch.
Hier lautet die Frage also: was ist wesentlich?
Welche Prioritäten wollen wir setzen und wofür wollen wir uns in den kommenden fünfeinhalb Jahren in der Gemeinde Kelmis einsetzen?
Die Haushaltslage unserer Gemeinde ist bekanntlich sehr angespannt.
Und wir haben im Dezember angekündigt, bis Juni 2025 ein umfangreiches Sparpaket für unsere Gemeinde auf den Weg zu bringen.
Ein Sparpaket mit dem verbindlichen Ziel, den Haushalt unserer Gemeinde wieder auf eine schwarze Null zu bringen.
An diesem Ziel halten wir weiter fest.
Nicht aus einer Laune heraus oder aus ideologischen Erwägungen,
sondern weil uns die Aufsichtsbehörde gar keine andere Wahl lässt.
An einem verbindlichen Sparpaket für Kelmis führt kein Weg vorbei.
Die Finanzpolitik unserer Gemeinde muss daher in der beginnenden Legislatur unsere absolute Priorität sein.
Vor allem anderen gilt es, in all unseren Zuständigkeitsbereichen Ausgaben dezidiert zu senken und Einnahmen der Situation entsprechend zu erhöhen.
Hieran führt kein Weg vorbei.
Unsere Dienstleistungen und Angebote müssen effizienter werden,
die Zusammenarbeit zwischen Gemeinde, AGR und ÖSHZ wo immer möglich vertieft, neue Synergien mit anderen Gemeinden und externen Partnern geschaffen werden.
Nicht zuletzt werden wir eine konsequente Erhöhung der Dotationen der Deutschsprachigen Gemeinschaft verhandeln.
Allein 38 Punkte sind dem Thema Finanzen in unserem Richtlinienprogramm gewidmet.
Angesichts der Finanzsituation könnte man also annehmen, dass wir als neues Kollegium nun auf neue Maßnahmen und Konzepte gänzlich verzichten, und stattdessen alles wegrationalisieren.
Dies wird der ein oder andere auch von uns verlangen wollen.
Man wird uns vorwerfen, unsere Ziele seien zu ambitiös, würden Kelmis ruinieren und in den Abgrund stürzen. Etc.
Ich sehe das nicht so.
Zwar glaube ich, dass wir in den kommenden Wochen und Monaten als Rat und Kollegium schwere finanzpolitische Entscheidungen zu treffen haben.
Jedoch glaube ich nicht, dass wir es uns leisten können, in den kommenden Jahren einen Stillstand zu verantworten, der uns letztlich teuer zu stehen kommen könnte.
Einfach nichts mehr zu tun wäre aus unserer Sicht ein Fehler.
Fakt ist, die Welt dreht sich weiter.
Tag für Tag ergeben sich für unsere Gemeinde und die Menschen, die hier leben und arbeiten, neue Herausforderungen und Entwicklungen, und es liegt in unserer Verantwortung, hieraus frühzeitig die richtigen Schlüsse und notwendige Maßnahmen abzuleiten.
Dies ist wesentlich.
In Zeiten finanzieller Knappheit muss unsere Aufgabe darin bestehen, Zielsetzungen angesichts aktueller Entwicklungen stets neu abzuwägen und daraufhin zu entscheiden, welche Projekte wir auch mit wenig Finanzmitteln verfolgen wollen und können.
Alles können wir uns nicht mehr leisten.
Die Zeiten, in denen in jeder neuen politischen Legislatur neue, zusätzliche, kumulative Angebote und Dienste geschaffen wurden, scheint zumindest zeitweise, wenn nicht vollständig vorbei.
Nicht nur in Kelmis.
Und dennoch geht es gleichzeitig darum, auch mit wenig Geld darauf hinzuarbeiten, dass unsere Gemeinde nicht nur überlebensfähig, sondern auch lebenswert und attraktiv bleibt.
Ein Drahtseilakt.
Künftige Generationen sollen sich nicht für einen Wegzug aus ihrer Heimatgemeinde entscheiden müssen, wenn es darauf ankommt, einen ansprechenden Wohn- und Lebensort für sich und ihre Familien zu bestimmen.
Deshalb werden wir nicht nur sparen.
Wir werden uns im Rahmen all unserer Zuständigkeiten ambitiöse Ziele setzen, um unsere Heimatgemeinde auf eine wünschenswerte Zukunft vorzubereiten.
Sage und schreibe 240 Maßnahmen haben wir uns daher in insgesamt 23 Kapiteln vorgenommen.
240 Maßnahmen, mit denen wir trotz Sparzwängen ja sagen, zu einer wünschenswerten Zukunft für unsere Gemeinde.
Zum einen setzen wir hierbei auf eine leistungsfähige und effiziente Verwaltung.
Seit ich im Dezember mein neues Bürgermeisteramt angetreten habe, habe ich motivierte, talentierte und qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kennengelernt.
Ihnen allen gilt Tag für Tag unser Dank.
Sie alle tragen in ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereichen dazu bei, Kelmis ansprechend zu machen und die Bedarfe der Bürgerinnen und Bürger möglichst einfach und zielgerichtet zu beantworten.
Nichts weniger wird in den kommenden Jahren unser Anspruch sein.
Auch wenn natürlich nicht jeden Tag alles perfekt ist und noch einiges zu tun bleibt, liegt die Latte hoch.
Und da wollen wir sie halten.
Zum anderen möchten wir die Bürgerinnen und Bürger sinnvoll an der Gestaltung ihrer Gemeinde beteiligen.
Neben bekannten und neuen pädagogischen Projekten wollen wir gemeinsamen mit den Experten der renommierten Organisation G1000 aus Brüssel ein neues, innovatives Beteiligungsformat konzipieren und mit Mitteln der Deutschsprachigen Gemeinschaft umsetzen.
Erste Gespräche sind in diesem Zusammenhang bereits gelaufen.
Meine Damen und Herren,
wir stellen fest, dass Kelmis, Hergenrath und Neu-Moresnet über herausragende Alleinstellungsmerkmale verfügen, auf die wir in unserem Richtlinienprogramm aufbauen wollen.
1) verfügen wir in Kelmis über ein bemerkenswertes Vereinsleben und ein breit gefächertes Ehrenamt, die unsere Gemeinde lebendig und attraktiv machen;
2) haben wir hierzulande eine einzigartige Folklorelandschaft rund um unseren einzigartigen Karneval;
3) ist die Kelmiser Neutralitätsgeschichte weit über unsere Ortsgrenzen hinaus einzigartig, wenn nicht weltweit;
4) ergeben sich zahlreiche Zusammenarbeits- und Förderpotenziale aus unserer Grenzsituation im Herzen der Euregio Maas-Rhein;
5) sind wir Teil des mit Abstand kleinsten Gliedstaats Belgiens, der DG, verbunden mit sehr kurzen Wegen, bedarfsnaher Politik, Flexibilität und der Fähigkeit, neue Probleme agil abzuwenden.
Dies und vieles mehr spricht für uns.
Daher wollen wir mutig sein und mit uns selbst anspruchsvoll, um unserer schönen Heimat als ihre Mandatare gerecht zu werden.
Möglicherweise werden wir nicht dazu in der Lage sein, jede einzelne Maßnahme im vorgesehenen Zeitraum gänzlich abzuschließen.
Erstens können wir heute noch nicht wissen, welche Kurzfristigkeiten und anderen Sachzwänge zeitweise unsere Aufmerksamkeit erfordern werden.
Dies liegt in der Natur der Sache.
Zweitens wissen wir noch nicht abschließend, wie unser in Vorbereitung befindliches Sparpaket abschließend aussehen wird und welche Auswirkungen dieses auf unsere künftige Arbeit haben wird.
Vornehmen wollen wir uns die niedergeschriebenen 240 Maßnahmen dennoch.
Dies halten wir für wesentlich.
Seien wir anspruchsvoll.
Spielen wir unsere lokalen Trümpfe auch mit wenig Finanzmitteln in all unseren Zuständigkeitsbereichen aus, bauen wir neue Partnerschaften auf und steuern wir Kelmis in eine wünschenswerte Zukunft.
Dies ist unser Angebot, das wir Ihnen heute zur Abstimmung vorlegen möchten.
Vielen Dank.